Hessen verabschiedet bundesweit schlechtestes Informationsfreiheitsgesetz

Zivilgesellschaft sieht die im Koalitionsvertrag versprochene Transparenz nicht erfüllt

Pressemitteilung, 14.03.2018

Der Gesetzentwurf zu Datenschutz und Informationsfreiheit, der am gestrigen Donnerstag im Hessischen Landtag verabschiedet wurde, ist aus Sicht des Bündnisses  „Transparentes Hessen“ nicht der große Sprung in Richtung Transparenz, der in Hessen notwendig ist. Das Ergebnis der nach den Angaben des Innenministeriums jahrelangen Evaluation in anderen Bundesländern getroffener Regelungen wird nicht offengelegt. Das im Koalitionsvertrag versprochene offene und transparente Verwaltungshandeln sieht der zivilgesellschaftliche Zusammenschluss mit dem bundesweit schlechtesten Informationsfreiheitsgesetz nicht erfüllt.

„Durch die Verabschiedung des Gesetzes schließt Hessen zwar zu den bislang zwölf Bundesländern mit Informationsfreiheits- oder Transparenzgesetzen auf, in der Praxis hat das Gesetz mit Informationsfreiheit allerdings wenig zu tun“, kritisiert Arne Semsrott von der Open Knowledge Foundation. Lediglich ausgewählte Landesbehörden sind auskunftspflichtig und das auch nur auf Antrag. Eine proaktive Veröffentlichung, wie sie etwa das Nachbarland Rheinland-Pfalz wählt, ist nicht vorgesehen. Zudem ist das Recht auf Zugang zu amtlichen Informationen von zahlreichen Bereichsausnahmen gekennzeichnet: Der Verfassungsschutz, die Polizei oder etwa die Handelskammern müssen keine Informationen herausgeben. Weiterhin bleibt es Städten, Gemeinden und Landkreisen selbst überlassen, das Gesetz umzusetzen und die kommunale Verwaltung zu öffnen. „Eine solche Regelung existiert in keinem Informationsfreiheits- oder Transparenzgesetz der Bundesrepublik“, sagt Felix Hoffmann von Mehr Demokratie. Das größte Interesse bestehe gerade auf der kommunalen Ebene, wie die Erfahrungen der anderen Flächenländer zeigen, so Hoffmann weiter. Ferner wird der Informationszugang verweigert, wenn ein wirtschaftliches Interesse an einer Information besteht. Hierbei handelt es sich ebenfalls um eine bundesweit einmalige Kuriosität, die es Journalistinnen und Journalisten wohl unmöglich machen wird, auf Basis des Gesetzes Informationen zu erlangen. „Für die Informationsfreiheit in Deutschland ist dies eine schlechte Nachricht“, so Caro Glandorf von Transparency Deutschland. Andere Bundesländer könnten sich an diesem Negativ-Beispiel orientieren. „Wir werden uns weiterhin mit voller Energie für wirkliche Informationsfreiheit in Hessen einsetzen und hoffen, dass die nächste Landesregierung Auskunftsrechte und Beteiligung ernster nimmt.“

Dementsprechend liegt Hessen gegenüber anderen Bundesländern im Transparenzranking weit abgeschlagen am Ende des Feldes. Nur Länder ohne Informationsfreiheits- oder Transparenzgesetze schneiden noch schlechter ab. „Mit diesem Gesetz hat sich Hessen lediglich vom letzten auf den vorletzten Platz vorgearbeitet“, so Manfred Redelfs von der Journalistenorganisation Netzwerk Recherche. Das Bündnis Transparentes Hessen fordert ein modernes und bürgerfreundliches Transparenzgesetz, das die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzt, um die Chance einer Demokratisierung wahrzunehmen. Das jetzige Gesetz liefert jedoch keine effektive Grundlage, um etwa Korruption zu bekämpfen, Steuergeldverschwendung einzudämmen und einen Beitrag zur politischen Teilhabe zu leisten, so das Fazit des Bündnisses.

 

Weitere Informationen:

Transparenzranking: https://transparenzranking.de

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